Spurensuche in Berlin

Manchmal fragt man sich ja, warum Städte so chaotisch gebaut sind, wie sie sind. Meistens gibt es dazu eine plausible Erklärung, manchmal muss man etwas tiefer danach suchen. In Berlin fällt bei aller regelmäßigen Straßenführung vor allem das Straßenchaos rund um die Museumsinsel auf. Und daneben lassen einige Straßen wie z.B. die Wallstraße auf Vergangenheiten schließen, die heute nicht mehr direkt ersichtlich sind. Aber wie kam es dazu?

Schaut man sich den Plan des historischen Berlins von 1648 als Zusammenschluss von Berlin und Cölln (daher später übrigens der Name Neukölln) an, erkennt man zwar grob die heutige Museumsinsel (Cölln lag früher auf der südlichen Hälfte), allerdings fällt auch ins Auge, dass es offenbar früher Wasserläufe in Berlin gegeben haben muss!

„Grundriss der beyden Churfürstlichen Residentz Stätte Berlin und Cölln an der Spree“ um 1648 (Landesarchiv Berlin, F Rep 270, A 9)

Etwas später in der Stadtgeschichte ist bereits erkennbar, dass aus den ehemaligen Wasserläufen bereits ganz solide Wallanlagen geworden sind – das erklärt immerhin die Wallstraße!

Grundriss von Berlin zur Zeit des ersten Königs von Preußen, 1710

Um die heutigen Verläufe der damaligen Wallanlagen verorten zu können, legen wir die Karte kurz mittels Georeferenzierung in QGIS über OpenStreetMaps:

Einbettung der historischen Berlinkarte von 1710 in OpenStreetMaps (eigene Arbeit)

Was sofort ins Auge fällt, ist der heutige Verlauf der Berliner Stadtbahn, der – 1875 gebaut – die wohl nicht mehr benötigten Wallanlagen offenbar ganz gelegen kam. Ohne diese hätten dem Neubau der Strecke vermutlich eine ganze Menge Häuserblöcke zum Opfer fallen müssen.
Ebenfalls spannend ist die Präzision der 1710 erstellten Karte, die nur in wenigen Stellen Verzerrungen gegenüber der heutigen Vermessung aufweist! Und nun lässt sich auch klar die Herkunft der Straßennamen Oberwallstraße, Niederwallstraße und Wallstraße erkennen, die zusammen die gesamte Südwest-Kurve der damaligen Wallanlagen abbildet. Tatsächlich lässt sich durch die Wallstraßen, Bodestraße, Anna-Louisa-Karsch-Straße, Rochstraße, Gontardstraße und Littenstraße noch der komplette Altberliner Ortskern erkennen! Und ebenso haben seitdem innerhalb der Wallanlagen immerhin Nikolaikirche, St. Marienkirche, Parochialkirche und mehr oder weniger die Klosterkirche die letzten 300 Jahre überstanden.

Ebenfalls erkennbar sind am heutigen Ort das Rathaus, das Zeughaus und lustigerweise das königliche Schloss, das zwischenzeitlich mit Erichs Lampenladen ersetzt wurde und nun wieder an alter Stelle steht als wäre es nie anders gewesen…


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